Handarbeitsanleitungen schreiben kann doch jeder, oder etwa nicht?
Sicher, aber ob danach gearbeitet werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Hier ist ein kleiner Einblick in den Arbeitsalltag einer Häkeldesignerin.
Ein bisschen häkeln, ein bisschen schreiben und schon ist die Anleitung fertig? Schön wär´s.
Zuerst kommt die Idee
Wofür schreibe ich die nächste Anleitung? Mal nachdenken, welche Jahreszeit steht vor der Tür? Sind irgendwelche Feiertage in Sicht? Was könnte man dafür häkeln (stricken, nähen …)? Gibt es das, was mir gerade in den Sinn kommt schon? Oder so ähnlich? Schließlich soll die Anleitung „einen Mehrwert“ bieten und am Ende auch verkauft werden. Hier ist eine Menge Recherche nötig, das nimmt durchaus einige Zeit in Anspruch.
… dann die Ausarbeitung
Ist eine gute Idee gefunden und noch nicht von anderen verarbeitet, dann geht es an die Ausarbeitung, die je nach Technik ein wenig variiert. Nehmen wir heute mal eine Häkelanleitung. Welches Garn passt zu meinem neuen Vorhaben, welche Farbe soll es haben? Habe ich eventuell schon passendes Garn in meinem Vorrat? Meistens kann ich die letzte Frage mit „ja“ beantworten. Für einen ersten Versuch lässt sich zumindest eine Alternative finden. Eine passende Häkelnadel habe ich sowieso, also kann ich jetzt richtig loslegen, oder?
Selten geht das Entwerfen tatsächlich so einfach. Meistens sind noch einige Vorarbeiten nötig. Da werden erst mal ein paar Skizzen gezeichnet und Maschenproben gehäkelt, gerechnet und getüftelt. Wie bekomme ich genau diese Form exakt so hin, wie ich sie mir vorgestellt habe? Dann wird gerebbelt und geknobelt. Und natürlich viel notiert.
Jeder Arbeitsschritt muss festgehalten werden, auch wenn er sich später vielleicht als falsch herausstellt. Viel schlimmer wäre es nämlich, am Ende ein tolles Teil gehäkelt zu haben, aber nicht mehr zu wissen, wie es gemacht wird.
Das fertige Häkelstück steht dann meistens ein paar Tage auf dem Wohnzimmertisch oder sitzt auf der Couch. So habe ich es immer (wieder) im Blick, meine Familie allerdings auch. Es kann durchaus passieren, dass die eine oder andere kritische Bemerkung fällt. „Kannst Du den Kopf nicht etwas kleiner machen?“ oder „Warum nimmst Du nicht eine andere Farbe?“ klingen deutlich angenehmer als „Das sieht aber irgendwie komisch aus! Oder „Was soll das denn sein?“
Manchmal fängt die Arbeit dann eben wieder von vorne an. Im Idealfall wird der Prototyp doch schon im ersten Anlauf irgendwie für gut befunden.
Zum Schluss kommt der Feinschliff …
Jetzt geht es an die Feinschrift der Anleitung. Jeder Arbeitsschritt wird ausführlich aufgeschrieben und mit detaillierten Fotos dokumentiert. Habe ich die Fotos nicht schon beim Häkeln des Prototypen gemacht, dann muss ich das Ganze noch mal häkeln.
Macht aber (fast) nichts, denn in der Regel häkle ich sowieso mehrere „Ausgaben“, oft sogar aus unterschiedlichen Garnen. So kann ich meinen Lesern/Käufern gleich eine Fülle an Ideen mitgeben. Außerdem fallen dabei eventuelle Flüchtigkeitsfehler in der Anleitung auf.
Diese Aufgabe lässt sich übrigens auch an sogenannte „TesthäklerInnen“ delegieren. Davon profitieren beide Seiten, ich bekomme Fots und Feedback, meine TesthäklerInnen eine kostenlose Anleitung.
… und die Veröffentlichung
Das ist (fast) der schönste Moment. Endlich geht die Anleitung online und ich kann mich der nächsten Aufgabe widmen. Das allerbeste ist natürlich, wenn die Anleitung dann gekauft (und positiv bewertet) wird.